Der Leiter Die Leiter
Der Leiter ist der, der leitet. Der, der führt. Er kennt den Weg. Auch die schwersten Stellen. Er ist perfekt vorbereitet. Hat alles dabei. Und zeigt ihn uns, den Weg. Schritt für Schritt. Lotst uns an gefährlichen Abgründen vorbei und warnt, zeigt wie es geht. Geht ihn uns vor, den Weg. Und mache ich dennoch einen falschen Tritt, so fängt er mich auf, packt mich am Kragen und verhindert so den Sturz. Ich bin sicher unterwegs mit so einem Leiter. Ohne eine Schramme, komme ich sicher an, am vorgegebenen Ziel. Ich kann stolz sein, ich bin den ganzen Weg gegangen. Seinen Weg.
Aber wer ist die Andere? Die Antagonistin? B.? Die Leiterin?
Nein. Die Andere ist die Leiter. Sie stellt sich auf – Punkt. Alles was sie tut ist: da zu sein. Auf stabilem Fundament. Für uns. Eine Gebrauchsanweisung gibt es nicht. Das ist nicht viel, denkt ihr? Im ersten Augenblick mag das so scheinen – stimmt. Aber sieht man eine Leiter stehen, was tut man da, ganz automatisch? Man will hinaufsteigen. Kein Mensch braucht dafür eine Anleitung. Jedes Kind weiß, wie das geht. Vielleicht rüttelt man zuerst an ihr. Steht sie fest oder wackelig? Und steht sie stabil, die Leiter, so steigt man hinauf. Ein Trieb – ein Reflex vielleicht. Auch die mit dem kaputten Knie und auch die mit Höhenangst steigt hoch – wenigstens 1-2 Sprossen.
An einer Leiter hangelt man sich nach oben. Ganz allein. Ohne Sicherung und Gurt. Vorsichtig, Sprosse für Sprosse. Und wankt sie nicht, dann fasst man Vertrauen – steigt immer weiter nach oben. So wachsen auch die Ängstlichsten, Stück für Stück über sich hinaus. Ganz selbständig. Ganz ohne Leitung.
Sie – die Andere – sie ist die Leiter.
Sie steht da, für uns.
Ist mehr, als ich zu hoffen wagte.
Beate, du bist kein Leiter, du bist die Leiter.
Christina Fial