
MUSIK UND MALEREI
sind kulturelle Ausdrucksformen, die weit in die Menschheitsgeschichte zurückgehen. Ihre Beziehungen sind vielfältig und wurden insbesondere ab der Romantik in den Künsten selbst wie in der Kunstphilosophie thematisiert. Die kategorische Unterscheidung zwischen der Musik als Zeitkunst und der Bildenden Kunst als Raumkunst, wie sie sich im 18. Jahrhundert herausgebildet hatte, und die daraus resultierende Isolierung der Künste wurden in Frage gestellt, begannen sich aufzulösen – bis hin zur völligen Entgrenzung im 20. Jahrhundert.
Maler lassen sich von Kompositionen anregen, Komponisten von Bildern. Die Auseinandersetzungen reichen von formal-strukturellen Anlehnungen bis hin zu freien Nachempfindungen und Transformationen. Die Beispiele aus den vergangenen 200 Jahren sind zahlreich, an dieser Stelle können nur einige wenige stellvertretend für das Spektrum erwähnt werden. So bezog sich Philipp Otto Runge in seinem Gemälde ›Die Lehrstunde der Nachtigall‹ auf die Fuge und den unvollendeten Zyklus der ›Zeiten‹ bearbeitete er »wie eine Symphonie«. Eugène Delacroix bezeichnete in seinem Tagebuch die Farben als »Musik der Augen«. Henri Fantin-Latour fand die Inspiration bei Wagner. Franz Liszt wiederum, der den Begriff der Programmmusik prägte, schuf sein Klavierstück ›Lo Sposalizio‹ nach Rafaels berühmtem Gemälde und seine symphonische Dichtung ›Hunnenschlacht‹ nach dem gleichnamigen Gemälde von Wilhelm von Kaulbach. Modest Mussorgsky komponierte seinen Klavierzyklus ›Bilder einer Ausstellung‹ in Erinnerung an Bilder seines verstorbenen Freundes Viktor Hartmann.
Robert Schumanns »Die Ästhetik der einen Kunst ist die der anderen; nur das Material ist verschieden«, greift dem Ansinnen vieler Künstler des 20. Jahrhunderts nach einer Musikalisierung der bildenden Kunst bzw. einer Visualisierung der Musik vor. Vor allem die ›Pioniere‹ der abstrakten bis ungegenständlichen Malerei finden in der Musik einen Orientierungspol. So malt Wassili Kandinsky, der die »tiefe Verwandtschaft der Künste überhaupt und der Musik und Malerei insbesondere« betont, als Reaktion auf ein Schönberg-Konzert ›Impression III‹ (Konzert). Paul Klee, selbst Musiker, setzt sich mit Polyphonie und Rhythmus auseinander, etwa in dem Werk ›Rhythmisches, strenger und freier‹. Andere begeistern sich für Jazz wie Matisse in einer Serie von Scherenschnitten oder Mondrian mit ›Broadway Boogie Woogie‹. Komponisten wie Alexander Skrjabin und Mikalajus Ciurlionis wiederum sind von Synästhesie fasziniert oder erweisen Malern ihre Referenz wie Darius Milhaud mit dem Streichquartett ›A la mémoire de Paul Cézanne‹. Ab den 1950er Jahren nehmen die wechselseitigen Anregungen und Beeinflussungen zu. Der führende Vertreter der Action Painting, Jackson Pollock, synchronisiert seinen Pinselduktus mit musikalischen Rhythmen und das Informel in Europa überführt musikalische Elemente in abstrakte Malerei. Auch der Einfluss der Malerei auf Musik hält an, ein bekanntes Beispiel ist Morton Feldmans ›Rothko Chapel‹. Zunehmend treten Doppelbegabungen hervor wie John Cage, Nam June Paik oder Hanne Darboven wie auch das Interdisziplinäre zunimmt. So liegt eine Kollaboration zwischen Kunstakademie und Philharmonie nahe, anhebend 2017 und sich fortsetzend 2018. Brigitte Hausmann
Donnerstag, 22. Juni 2017 / 19.00 Uhr / Städtische Galerie Bad Reichenhall / Ausstellungseröffnung ›Das Geheimnis der Bäume. Eine Kooperation zwischen Kunst und Musik‹ mit Werken von Ingrid Floss und Studierenden / Nähere Informationen zum Kurs ›Kunst und Musik‹ auf Seite 70 des Programmheftes 2017